Die Fachhochschule Dortmund hat die Ergebnisse eines Studienprojekts veröffentlicht. “Fußball und der die das Andere” gibt wertvolle Einblicke in die Diskriminierungen unseres Sports. Robert Claus kommentierte das Buch für Türkiyemspor Berlins.
Dass Fußball mehr als nur ein Sport ist, sondern Vereine nicht zuletzt wichtige Träger gesellschaftlicher Verantwortung sind, gehört seit langem zur Vereinsphilosophie Türkiyems. Vor diesem Hintergrund ist es erfreulich, dass in den vergangenen Jahren verstärktes Augenmerk auf Rassismus im Fußball gelegt wurde, um diesem z.B. von Seiten des DFB oder auch des BFV entgegen zu treten. Doch wie sieht es an der Basis in den Vereinen aus? Wie steht es um die Bemühungen auch Sexismus und Homophobie zu verringern?
Ein Lehrforschungsprojekt der Fachhochschule Dortmund hat sich mit diesen Fragen anhand lokaler Vereine beschäftigt und nun seine Ergebnisse veröffentlicht. Der Sammelband besteht aus drei Beiträgen. Christine Kampmann beschäftigt sich mit Frauenfußball, dessen kampfvoller Geschichte im Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung und interviewt Fußballerinnen verschiedener Generationen zu den Widerständen, die ihnen im “Männersport Fußball” entgegenschlugen.
Alexandra Martine de Hek fokussiert die im Fußball noch immer dominante Homophobie. Ihr Fokus liegt dabei auf den Statuten und Satzungen der Vereine und Verbände, um abschließend anhand mehrerer Gegenstrategien für eine tolerantere und menschenrechtsorientierte Perspektive zu werben.
Den Abschluss des Buches bildet ein Beitrag der beiden Autorinnen zusammen mit ihren Dozent_innen Marianne Kosmann und Harald Rüßler. Sie gehen der Frage nach, wie im Fußball Diskriminierungen und Ausgrenzungen hergestellt werden. Dies zeigen sie u.a. anhand zahlreicher Interviews im Bereich Migration und Rassismus auf. Im Ergebnis sind viele Vorurteile, Diskriminierungen und Stereotypen weiterhin dominant, so daß nicht erst organisierter Rechtsextremismus ein Problem auf dem Rasen wird, sondern die vielen kleinen Gesten, Sprüche und Haltungen, die den ganz alltäglichen Spielbetrieb begleiten.
Verstörend bleiben allerdings einige Begriffe, die in der Studie unkritisch verwendet werden. So wird, recht pauschal, von ‘Ausländervereinen’ einerseits und ‘Einheimischen’ andererseits geschrieben, wobei sich die Begriffe gefährlich nah an den analysierten Interviews bewegen. Hier hätte dem Projekt ein differenzierter Blick gut getan, um die vielen verschiedenen Identitäten multikultureller Gesellschaften zu berücksichtigen. Denn neben der Frage, wie ein ‘ausländischer Verein’ beim DFB, dem Deutschen Fußballbund, registriert sein kann, scheinen hier keine Identitäten jenseits dieser starren und zugleich fremdzugeschriebenen Kategorien zu existieren. Gerade unser Verein kann davon Lieder singen.
Dennoch lohnt sich die Lektüre für alle, die an einem kritischen Blick auf die Basis des Fußballs sowie einem Sport ohne Diskriminierungen interessiert sind.
[Quelle: Türkiyemspor Berlin]